Führungskräfte zwischen Druck und Verantwortung – warum ihre mentale Gesundheit entscheidend ist
- exceedU

- 12. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Führungskräfte gelten oft als das stabile Rückgrat von Unternehmen: Sie geben Orientierung, steuern Prozesse, treffen Entscheidungen und tragen Verantwortung für Budgets, Mitarbeitende und strategische Ziele. Doch während der Blick auf die mentale Gesundheit von Mitarbeitenden inzwischen an Bedeutung gewonnen hat, wird die psychische Belastung der Führungsebene noch immer stark unterschätzt.
Dabei ist klar: Geht es den Führungskräften schlecht, leidet das gesamte Unternehmen.
Der unterschätzte Druck an der Spitze
Führungskräfte stehen zwischen allen Fronten: Von oben bekommen sie strategische Zielvorgaben, von unten erwarten Teams Orientierung, Motivation und Unterstützung, von der Seite kommen Anforderungen anderer Abteilungen und Stakeholder.
Eine repräsentative Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt:
61 % der Führungskräfte empfinden ihre Arbeitsbelastung als dauerhaft hoch.
47 % berichten, dass sie selbst dann erreichbar sind, wenn sie Urlaub haben.
Mehr als jede dritte Führungskraft hat in den letzten zwei Jahren Symptome erlebt, die auf eine psychische Überlastung hindeuten.
Hinzu kommt, dass viele Manager:innen glauben, „funktionieren zu müssen“. Probleme oder Überforderung zuzugeben, wird häufig als Schwäche interpretiert – nicht nur von anderen, sondern auch von ihnen selbst.
Der Organisationspsychologe Cary Cooper betont:
„Führungskräfte sind oft die Letzten, die sich Hilfe holen – und die Ersten, die sie bräuchten.“
Wenn die Spitze wankt, wankt das ganze System
Die mentale Stabilität von Führungskräften hat weitreichende Auswirkungen:
VorbildwirkungMitarbeitende orientieren sich am Verhalten ihrer Führungskräfte. Wer Überlastung herunterspielt oder ständig Überstunden macht, vermittelt: „So muss man hier arbeiten, um erfolgreich zu sein.“ Das fördert eine Kultur des Schweigens über Belastungen.
MultiplikatoreffektStudien zeigen, dass gestresste Führungskräfte ihre Anspannung an Teams weitergeben. Stress wird quasi „ansteckend“. Dies kann die Motivation, Kreativität und Zusammenarbeit ganzer Abteilungen mindern.
EntscheidungsqualitätStress wirkt sich direkt auf die kognitive Leistungsfähigkeit aus. Wer erschöpft ist, trifft eher kurzfristige oder risikoreiche Entscheidungen. Für Unternehmen, die in unsicheren Zeiten bestehen wollen, kann das gravierende Folgen haben.
Eine Analyse von Deloitte (2022) zeigt: Unternehmen, deren Führungskräfte gezielt psychische Gesundheitsprogramme nutzen, verzeichnen nicht nur niedrigere Fehlzeiten, sondern auch höhere Innovationskraft und bessere Mitarbeiterbindung.
Burnout ist auch ein Management-Problem
Burnout wird in der öffentlichen Diskussion oft als „Problem der Mitarbeitenden“ dargestellt – doch gerade in den oberen Ebenen ist das Risiko hoch.
Führungskräfte arbeiten im Schnitt 6–8 Stunden pro Woche mehr als Nicht-Führungskräfte.
Sie sind häufiger von Präsentismus betroffen, also von der Tendenz, krank zur Arbeit zu gehen.
Ihr Burnout-Risiko liegt laut einer Studie von Gallup um bis zu 25 % höher als im Durchschnitt.
Wenn eine Führungskraft ausfällt, entstehen hohe Kosten: Projektverzögerungen, Verlust von Wissen, Unsicherheit im Team. Nicht selten geraten ganze Abteilungen ins Wanken.
Prävention: Mentale Gesundheit frühzeitig stärken
Gerade Führungskräfte brauchen präventive Angebote, die ihnen helfen, rechtzeitig gegenzusteuern. Dazu gehören:
Coaching & Supervision – um blinde Flecken sichtbar zu machen und gesunde Führungsstrategien zu entwickeln.
Kurzfristiger Zugang zu psychotherapeutischer Unterstützung – um Stress, Schlafprobleme oder beginnende Depressionen nicht eskalieren zu lassen.
Trainings in Resilienz und Selbstmanagement – um mit Drucksituationen konstruktiver umzugehen.
Peer-Gruppen für Führungskräfte – Räume, in denen offen über Belastungen gesprochen werden kann, ohne Gesichtsverlust.
Ein Beispiel: In skandinavischen Unternehmen ist es üblich, dass Führungskräfte regelmäßig verpflichtende Reflexionsgespräche mit Psycholog:innen führen. Die Folge: niedrigere Burnout-Raten, höhere Zufriedenheit – und eine offenere Unternehmenskultur.

Ein Kulturwandel ist notwendig
Damit diese Maßnahmen wirken, braucht es aber auch einen Kulturwandel in Unternehmen:
Psychische Gesundheit darf kein Tabuthema mehr sein. Gerade an der Spitze muss es möglich sein, über Belastung zu sprechen.
Fehlerfreundlichkeit und offene Kommunikation helfen, Überlastung früh zu erkennen.
Vorstand und Geschäftsführung müssen selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Nur wenn das Thema „von oben“ ernst genommen wird, kann es auch „unten“ wirken.
Der Psychologe Adam Grant fasst es treffend zusammen:
„Gute Führung heißt nicht, unerschütterlich zu sein. Gute Führung heißt, menschlich zu sein – und den Mut zu haben, Hilfe anzunehmen.“
Fazit: Gesunde Führung ist gesunde Unternehmenskultur
Die mentale Gesundheit von Führungskräften ist kein „Privatproblem“, sondern ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Wer hier investiert, gewinnt doppelt: Führungskräfte bleiben leistungsfähig – und ihre Teams profitieren von einem Arbeitsumfeld, in dem psychische Gesundheit ernst genommen wird.
Unternehmen, die diesen Schritt gehen, zeigen nicht nur Verantwortung, sondern stärken ihre Attraktivität im Wettbewerb um die besten Talente. Denn gesunde Führung ist die Basis für nachhaltigen Erfolg.








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